Klimaauswirkungen und NGOs - drei Blickwinkel auf Klima und Impact
- Anna Nägele
- 3. Juni
- 3 Min. Lesezeit

Im gemeinsamen Bestreben, bis 2050 zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft beizutragen, haben wir bei Thinkubator bereits mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen gearbeitet: Schüler:innen, Student:innen, Lehrlinge, Unternehmen und Verwaltungsbehörden. Doch eine Zielgruppe ist für uns neu und gleichzeitig besonders relevant: Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Sozialunternehmen.
Warum? Nicht nur, weil sich Thinkubator selbst als Sozialunternehmen versteht. Sondern weil viele NGOs mit Zielgruppen arbeiten, die im Zentrum einer der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit stehen: die Klimakrise – und ihre überproportionalen Auswirkungen auf marginalisierte Gruppen.
Klimaauswirkungen und NGOs - Klimakrise als soziale Krise
Viele NGOs emittieren selbst kaum Treibhausgase. Ihre Verantwortung liegt nicht primär in der Emissionsvermeidung. Vielmehr sind sie gefordert, weil die Zielgruppen, für die sie arbeiten – Frauen, Kinder, ältere Menschen, ethnische Minderheiten oder Menschen in Armut – besonders stark von den Folgen der Klimakrise betroffen sind.
Ein Paper der Abteilung für Wirtschaft und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN DESA Working Paper No. 152) bringt diese Problematik im globalen Kontext auf den Punkt. Es beschreibt, wie soziale Ungleichheit das Ausmaß der Klimaschäden für marginalisierte Gruppen auf drei Ebenen verstärkt:
1. Höhere Gefährdung durch den Wohn- und Arbeitsort
Marginalisierte Gruppen sind häufiger gezwungen, in Risikogebieten zu leben oder dort zu arbeiten:
Überschwemmungsgebiete, Küstenzonen, Hanglagen
Informelle Siedlungen ohne/mit schlechter Infrastruktur
Klimasensitive Tätigkeiten (z. B. Landwirtschaft, Bauarbeit)
Kaum politische Einflussmöglichkeiten zur Vermeidung von Risiken
2. Höhere Anfälligkeit für Schäden
Auch bei gleicher Gefährdung erleiden benachteiligte Gruppen oft schwerere Schäden:
Schlechtere Bauqualität der Wohnhäuser
Geringe Diversifikation ihrer Vermögenswerte (z. B. Vieh, Haus als einziges Kapital)
Höhere gesundheitliche Risiken
Stärkere Auswirkungen auf Frauen, Kinder, ältere Menschen und ethnische Minderheiten
3. Geringere Fähigkeit, sich zu erholen
Nach einem Schaden fehlt es oft an Ressourcen, um wieder auf die Beine zu kommen:
Eingeschränkter bis kein Zugang zu Versicherungen oder Rücklagen
Abhängigkeit von gemeinschaftlichen Ressourcen, die schrumpfen oder unzugänglich werden
Politisch unterrepräsentiert bei Verteilungsprozessen öffentlicher Hilfen
Belastende Entscheidungen: z. B. Kinder aus der Schule nehmen oder lebensnotwendige Güter verkaufen
Wer ist besonders betroffen?
Die Forschung zeigt: Mehrfachdiskriminierung verstärkt Verwundbarkeit.
Frauen leiden unter strukturellem Zugangsmangel zu Land, Krediten, Technologie. Gleichzeitig tragen sie oft die Verantwortung für wasser- und ressourcenintensive Aufgaben – bei zunehmender Knappheit.
Kinder und ältere Menschen sind körperlich anfälliger, häufiger von Krankheiten und Unterbrechung der Bildung betroffen – mit langfristigen Folgen.
Ethnische Minderheiten leben überdurchschnittlich oft in abgelegenen oder gefährlichen Gebieten mit schwacher Infrastruktur und werden in Katastrophenschutzplänen häufig übersehen.
Die konkreten Auswirkungen der Klimakrise unterscheiden sich je nach geografischer Lage, doch unabhängig vom Ort gilt: Marginalisierte Gruppen sind überall besonders stark betroffen, weil strukturelle Benachteiligung ihre Verwundbarkeit erhöht.
Was bedeutet das für NGOs?
Klimaauswirkungen und NGOs: Viele NGOs arbeiten genau mit diesen Zielgruppen. Die Klimakrise macht ihre Arbeit damit nicht nur ökologisch, sondern auch strategisch relevant. Deshalb haben wir uns bei Thinkubator gefragt:
Wie können NGOs sich strategisch vorbereiten, um ihre Zielgruppen besser zu schützen?
Ein Schnell-Assessment für NGOs: Drei Blickwinkel auf Klima und Wirkung

Das Ergebnis unserer Überlegungen ist ein digitales Tool, angelehnt an die doppelte Wesentlichkeitsanalyse der EU-CSR-Richtlinie (CSRD). Es richtet sich speziell an NGOs und besteht aus drei Modulen:
Inside-Out: Wie wirkt die Organisation auf Umwelt und Klima?
Outside-In: Wie wirken Umwelt- und Klimaveränderungen auf die Organisation?
Zielgruppen-Fokus: Wie sind die Zielgruppen der NGO von der Klimakrise betroffen?
Dieses Schnell-Assessment ermöglicht eine erste Standortbestimmung im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit – niederschwellig, fundiert, strategisch anschlussfähig. Es dient als Ausgangspunkt für:
weitergehende Analysen
fundiertes Reporting gegenüber Geldgebern
Risikomanagement zur Zielgruppensicherung
Kooperationsprojekte zwischen ökologischen und sozialen NGOs
Fazit: Ökologie und soziale Gerechtigkeit zusammendenken
Die Klimakrise ist kein exklusiv „grünes“ Thema. Sie ist ein Gerechtigkeitsthema. Und sie erfordert, dass soziale Organisationen aktiv werden – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Zielgruppen.
Wir bei Thinkubator wollen NGOs dabei unterstützen, ihre Resilienz zu stärken und gemeinsam neue Brücken zwischen Klimaschutz und sozialer Wirkung zu bauen. Denn nur wer die Verwundbarsten schützt, schafft echte Zukunftsfähigkeit.
Geschrieben von Felix Ambros
Fotocredits:
Bild 1: Oleksandr Pidvalnyi von Pixabay über Canva
Bild 2: Thinkubator
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